Megan Kahts / Sopran

Interview mit der Sopranistin Megan Kahts am 10. 12.2015 im Guest House Vienna

Liebe Megan, wir sitzen hier in einem neuen Wiener Caféhaus. Das Caféhaus gehört zu Wien wie der Stephansturm. Wie hast du dich in Wien eingelebt?

Es hat geholfen, dass ich schon mit 20 Jahren in Wien angekommen bin. Davor habe ich noch bei meinen Eltern  in Südafrika gelebt. Ich war nicht gewöhnt daran, alleine zu leben. Erst seit ich in Wien bin.

Die Musikkultur ist natürlich einzigartig und von Anfang an bin ich oft in die Oper und in Konzertvorstellungen gegangen.

Natürlich hat mir auch die Uni sehr viel geholfen, da ich sofort Deutsch sprechen musste. Ich habe auch viel Dialekt gehört.

Natürlich haben mir auch die Konzerte mit dir geholfen, um mir die Kultur des Landes näher zu bringen.

In den ersten zwei Jahren habe ich auch im Sommer an Kinderopernproduktionen teilgenommen. Da musste ich viel Dialoge sprechen, auch Dialekt, viel mit Kindern arbeiten und so habe ich auch die österreichische Kultur kennen gelernt.  Das geschah meistens über die Musik.

Kann man sagen, dass Wien deine zweite Heimat geworden ist?

Klar, das ist jetzt meine Heimat (die Antwort kam sofort ohne zu zögern).

War es dir richtige Entscheidung, hier zu studieren?

JA

Die Fans und solche die es noch werden, haben es sehr gerne, über den Lebenslauf von Anfang an zu lesen. Hast du schon in der Badewanne gesungen bzw. wann hat Klein – Megan zu singen begonnen?

Bei uns zuhause gab es immer Musik, aber nicht klassische Musik. Ich konnte, als ich klein war, sehr gut imitieren. Schon mit 7 war ich von der Musiklehrerin in meiner Schule fasziniert, welche Klavier gespielt hat und ich sagte meinen Eltern, dass ich Klavier lernen möchte. Im nächsten Jahr mit 8 Jahren haben sie mir ein Klavier gekauft und da habe ich mit Klavierunterricht begonnen.

Ich habe auch im Chor gesungen und es gab in der Schule ein Vorsingen für eine Solostelle.

Kannst du dich noch an das Stück erinnern?

Es war ein Weihnachtskonzert. Ein Christmas Carol . Sie wollten, dass ein Mädchen „ Oh little Town of Bethlehem“ singt.

Ich habe vorgesungen und darauf hat die Musiklehrerin meine Eltern kontaktiert und ihnen gesagt, dass ich Gesangsunterricht nehmen solle.

Das war leider viel zu früh, aber sie wusste das nicht. Mit Gesangsunterricht sollte man erst mit 14 bis 15 Jahren beginnen. Davor sollte man ein Instrument spielen oder im Chor,  aber nicht als Solistin singen.

Davor ist es sehr gefährlich, da sich der Kehlkopf noch entwickelt, er wächst noch, die Knorpel werden härter und wenn du da schwierige Stücke singst, ist es wirklich gefährlich.

Aber ich habe es gemacht und mit 9 Jahren habe ich schon Gesangsunterricht gehabt.

Ich wollte unbedingt Pop – Sängerin werden.

Mein damaliger Gesangslehrer hat mir gesagt, dass ich eine „klassische“ Stimme hätte und er hat mich alles über Oper gelehrt. Er hat mir gesagt, du sollst diese oder jene Sängerinnen kennen lernen, er hat mir gesagt, welche Aufnahmen ich mir anhören sollte. Alles über die Oper habe ich durch ihn gelernt. In Durban, wo ich gelebt habe, gab es keine Oper.

Mit 11 Jahren hat mich jemand gehört und plötzlich war ich ein Jung-Star in Afrika und ich habe überall gesungen. Ich habe klassisch, Musicals und Crossover Stücke gesungen. Ich wollte das eigentlich nicht, aber man wird halt in diesen jungen Jahren zum Teil auch fremdbestimmt. Als Kind kann man ja keine Opern singen und meine Auftritte waren so

a la Sarah Brightman.

Haben dich deine Eltern von Anfang an unterstützt oder waren sie eher skeptisch?

Sie waren von Anfang an voll dabei und fanden es toll, dass ich eine Leidenschaft hatte. Ich habe im ganzen Land viel gesungen und bin mit meinen Eltern gereist.  Da war ich so 11 bis 14 Jahre alt. Ich war die südafrikanische Charlotte Church.

Ich ging natürlich daneben auch in die Schule und habe da meine Ausbildung gemacht.

Ich war interessiert an vielen Dingen.

Ich war sehr gut in den Fächern Kunst und Schauspiel, habe aber auch Preise für Mathematik und Physik gewonnen.

Es war sehr witzig, denn bei der Übergabe der Preise hat mir die Dame damals gesagt, dass wir mehr Frauen in Mathematik und Physik benötigen und meinte, dass ich diese Richtung einschlagen solle, aber dann kamen erst die Musikpreise und da habe ich sämtliche gewonnen.

Hast da daneben noch deinen Musiklehrer gehabt?

Wir sind nach Pretoria umgezogen und mit 14 hatte ich eine neue Lehrerin.

Wie lange hattest du diese Lehrerin?

Mit 15  -16 Jahren habe ich mich gefragt – was mache ich da, ich will doch Opernsängerin werden, ich will nicht mehr mit Mikrofon und mit elektronischen Instrumenten singen.

Wie bist du diesen Fachwechsel dann angegangen?

Ich habe begonnen Musik zu studieren, war aber nicht zufrieden, da ich merkte, dass, obwohl ich die Beste war, nichts weiterging. Ich sah keine Zukunft. In der Richtung Operntheorie, Klavier war die Ausbildung gut, aber in der Stimmbildung nicht. Ich wollte in den deutschsprachigen Raum gehen, denn dort ist die Tradition zuhause.

Der nächste Schritt war, dass du 2009 nach Wien gekommen bist,  warum ausgerechnet Wien?

Mit 19 Jahren habe ich aus meinen Auftritten Geld gespart und ich bin alleine nach Salzburg gefahren.

Ich habe dort im Zuge der Internationalen Sommerakademie die Masterclass von Edith Mathis am Mozarteum besucht. Sie sagte mir damals, dass ich sehr begabt wäre, aber gesangstechnisch eine gute Ausbildung benötige. Sie meinte, ich sollte nach Europa übersiedeln und die Ausbildung bei Prof. Claudia Visca an der Musikuni Wien beginnen.

Das hast du gemacht, hast vorgesungen und bist gleich aufgenommen worden?

JA

Hast du bis jetzt im Leben immer die richtigen Entscheidungen getroffen?

Nein

Warum nicht ?

Ob es die richtige Entscheidung gewesen ist, weiß man ja erst danach, man lernt daraus und jede Erfahrung ist sehr wichtig. Das formt und ich kann das nur beurteilen, weil ich es eben erlebt habe. Ich bin froh über jede Erfahrung. Positiv und negativ.

Gibt es Investitionen jeglicher Art, z.B. in Gefühle und auch Aktivitäten, die du bereut hast?

Möglich, aber ich kann das negativ und positiv sehen. Ich denke mir, man kann ja nichts mehr ändern und jede Erfahrung ist wichtig, besonders wenn man Künstler ist.  Ich muss lernen, denn ich muss ja viele Charaktere spielen. In der Neuen Oper musste ich in der Produktion „ die Nase“ z.B. eine schizophrene Nutte sein. Eine sehr ordinäre Frau. Diese Erfahrungen helfen alle.

Du kommst nochmals auf die Welt, mit all den Erfahrungen, die du bis jetzt hast. Würdest du alles wieder genauso machen?

(Lacht herzlich) frag mich in 5 oder 10 Jahren. Jetzt würde ich sagen ja, aber ich habe das Gefühl, dass ich noch am Anfang meines Weges bin und daher kann ich diese Frage noch nicht genau beantworten.

Ich habe festgestellt, dass du ein besonders feinfühliger Mensch bist. Was ärgert dich, bzw. was stimmt dich besonders traurig?

Arroganz, unfaire Behandlung.

Macht es dich traurig, wenn du dich in Menschen geirrt hast?

Ja, das macht mich sehr traurig. Es ärgert mich, wenn Menschen keine Moral haben und dass diese trotzdem gut schlafen, auch wenn sie böse Dinge machen.

Kannst du wütend werden?

Klar.

Ein Beispiel ?

Bei der Produktion der Neuen Oper musste ich ja diese hysterische Frau spielen und ich sagte dem musikalischen Leiter, dass ich dies schon könne. Man glaubte mir nicht. Aber dann haben sie gesehen wie ich das kann (lacht herzlich). Unsere Stärken sind auch unsere Schwächen.

Legst du großen Wert auf Äußerlichkeiten?

Nein, aber in meinem Beruf ist das Aussehen wichtiger geworden.

Gibt es für dich Momente oder Auftritte, die du ganz besonders gut in Erinnerung hast?

Das Engagement in der Neuen Oper war eigentlich ein Highlight für mich. Ich erinnere mich auch an einen Auftritt im Kindesalter im Fernsehen in Südafrika.

An meinen Auftritt als Gretel in Deutschland erinnere ich mich besonders gerne. Meine Familie war da, diese Unterstützung war schon was Besonderes.

Wenn ich in Südafrika singe, kommt meine Mutter zu jeder Vorstellung.

Ich habe viele schöne Momente im Kopf.

Hast du Lampenfieber?

Eine gesunde Menge davon und das ist sehr wichtig.

Wenn man kein Lampenfieber hat heißt das, dass man nichts von sich  hergibt.

Wenn man Künstler ist muss man was von sich hergeben.

Wie ist dein Verhältnis zum Publikum?

Verschieden, denn das Publikum ist immer anders. Ich will immer zum Publikum singen.

Man sagt mir oft, dass ich etwas Distanz halten solle, um mich selbst zu schützen.

Für mich ist das wichtigste der Energieaustausch zwischen Künstler und Publikum.

Das finde ich auch.

Liebst du mehr die Oper oder das Lied?

Beides gleich. Ich liebe die Kammermusik in kleiner Besetzung, wo du die Interpretation führen kannst, ohne dass dir ein Regisseur oder Dirigent sagt, was du zu tun hast.

Hast du das gerne?

Na klar. Das ist das Gefühl von Freiheit und dass man die gesamte Kunst selbst gestaltet, das ist schon was sehr spezielles. Auf der Opernbühne zu stehen ist natürlich auch was großartiges, denn man kann sich ein einer Rolle verlieren. Ich kann vergessen, dass ich Megan bin und kann eine ganz andere Person spielen. Das ist ein extrem wunderbares Vergnügen. Das bedeutet mir so viel, dass man so frei sein darf. Man darf das tun, was man im normalen Leben gar nicht ausleben darf. 

Hast du Lieblingskomponisten?

Ich habe gefürchtet, dass diese Frage kommt. Das was ich gerade singe, ist mein Lieblingskomponist.

Ich finde es hilft, wenn man so enthusiastisch ist, dass das was man gerade singt, das Lieblingsstück bzw. vom Lieblingskomponisten ist. Z.B. Mozart, das Stück, das ich gerade probe und singen werde.

Die Susanne in Le Nozze di Figaro. Das ist so ein wunderbares Stück.

Ich habe auch Poppea am Theater an der Wien gesehen, Monteverdi  ist einer meiner Lieblingskomponisten.  Auch Britten gehört dazu.

Hast du Traumrollen?

Cleopatra, die ich schon teilweise an der Uni gesungen habe, Poppea, Susanne, die ich schon singe, Adina, Pamina  und dann schauen wir mal.

Hast du Vorbilder?

Ja viele . Z.B. Renee Fleming und natürlich Menschen aus meinem Leben.

Mit wem würdest du gerne auf der Bühne stehen?

Mit Simon Keenlyside.

Hast du Zukunftspläne?

Nein ich habe keine Pläne, ich habe Träume und möchte dafür Raum schaffen,  damit diese in Erfüllung gehen. Wie auch immer dies geschehen wird.

Hast du Heimweh?

Oft.

Hast du Hobbies?

Jede freie Minute bin ich in Konzerten oder im Theater. Ich lese oder geh ins Burgtheater. Joggen, Yoga.

Gibt es einen Lieblingsplatz für dich?

Theater an der Wien

Dein Lebensmotto  ?

Carpe Diem

Danke vielmals .

Ich kenne Megan, seitdem sie 2009 nach Wien gekommen ist und ich stelle bei ihr nicht nur einen stimmlichen Quantensprung fest, sondern auch eine positive Entwicklung ihrer Persönlichkeit.

Megan ist eigentlich maßgeblich daran beteiligt, dass ich begonnen habe, mich so sehr für die Menschen zu interessieren, die diesen Beruf gewählt haben und ich selbst von dem Virus Musik angesteckt wurde.

In diesem Interview zeigt sie ihre Sensibilität und ihre große Liebe zu diesem Beruf.

Hören können Sie sie im Februar im Schloss Laxenburg als Susanne in Le Nozze di Figaro.

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