Irena Zagorac - Loncina, Cellistin

Irena Zagorac-Loncina

Irena Zagorac - Loncina, 28, Café Diglas am 22.4.2015

Irena, Du kommst aus Serbien, was hat dich nach Wien geführt?

Das Studium. Ich wollte immer nach Wien und träumte immer davon. Ich wollte nach meinem Gymnasiumabschluss in Wien studieren.

In Wien habe ich das Bachelor- und Masterstudium abgeschlossen.

Du  kommst aus einer sehr musikorientierten Familie.

Genau, meine Mutter ist Sängerin, meine Schwester ist Ballerina und mein Vater macht Musiktherapie für Kinder.

Hast du die Musik mit der Muttermilch bekommen?

Eigentlich schon. Ich möchte noch ergänzen, dass ich noch einen Bruder habe, der Bratschist ist.

Meine Mutter hat uns immer zu den Proben mitgenommen. Sie erzählte mir, dass ich das erste Mal mit 2 Wochen mit ihr in der Oper war. Wir hatten keine Oma, die auf uns aufpassen konnte und daher waren wir immer mit der Mutter mit.

Wann ist in dir der Wunsch entstanden, Musikerin zu werden?

Bevor ich mich überhaupt entschloss Cello zu lernen, hatte ich schon den Wunsch, auf der Bühne zu stehen. Schon als kleines Kind war ich Statist an der Oper und ich genoss die Bühne.

Deine Eltern haben das immer unterstützt und gefördert?

Ja.

Warum wurdest du dann Cellistin und nicht Geigerin?

Als ich den Wunsch äußerte Musikerin zu werden, wurde ich zu Konzerten und Klassenabenden mitgenommen. Mir hat der Klang des Cellos so gefallen. Vielleicht auch deshalb, da der Klang des Cellos der menschlichen Stimme am nächsten kommt. Vielleicht war mir der Klang der Geige zu hoch.

Alle haben Geige spielen wollen und ich wollte nicht alle sein. Man hat mir auch andere Instrumente wie Flöte oder Klavier vorgeschlagen, aber nein, ich wollte Cello spielen.

Meine Eltern haben mich dann zur Musikschule geleitet, haben das Cello getragen und meine Mutter hat mich auch damals am Klavier begleitet.

Gibt es jemanden in der Familie, der nicht musikalisch ist?

Nein, wir sind eine Künstlerfamilie. Auch die Tante ist Künstlerin und der Onkel, der Komponist ist.

Ich bin in diesem Umfeld aufgewachsen und daher gab es für mich auch keine andere berufliche Option. Das war und ist mein Leben.

Du hast deine Grundausbildung in Serbien erhalten?

Ja, ich hatte sehr gute Lehrer und alles was ich erreichen konnte, habe ich erreicht, so habe ich z.B. alle Wettbewerbe gewonnen. Ich wollte dann was Neues sehen und lernen.

Hast du einen Lieblingskomponisten?

Ich kann mich nicht auf einen festlegen, sehr mag ich aber die Musik von Schostakowitsch und Gustav Mahler.

Entspricht das deiner Mentalität?

Vielleicht… Schostakowitsch ist am gleichen Tag wie ich geboren (lacht herzlich).

Jeder Komponist bringt eine andere Stimmung und daher kann ich mich auch nicht so genau festlegen.

Hast du Vorbilder?

Nein. Ich will auch nicht die Kopie von jemand sein.

Wie gefällt dir die zu früh verstorbene Du Pre‘?

Ich liebe sie. Ich kann das nicht erklären. Es liegt etwas Besonderes an ihrer Persönlichkeit und in ihrer Musik.

Sie hatte eine besondere Beziehung zum Instrument.

Für mich eine ganz wichtige Frage – wie wichtig ist für dich der Kontakt zum Publikum?

SEHR, wenn ich einem Menschen dort meine Gefühle übertragen kann, dann habe ich ein gutes Konzert gespielt. Das ist auch der große Unterschied zwischen Proben und Konzert. Die Proben bleiben daher auch immer Proben.

Ich will auch Mittler zwischen Komponist und Publikum sein und Emotionen erwecken. Man kann z.B. nicht einen Bach wie einen Brahms spielen oder umgekehrt. Man muss aber auch was Eigenes dazugeben, so den eigenen Stempel der Interpretation verleihen. Trauer gibt es z.B. in der Barockmusik, aber auch bei Mozart und Mahler. Es gibt daher unterschiedliche Richtungen, Trauer auszudrücken.

Verstehe ich dich richtig, du willst den Komponisten richtig interpretieren und dem Publikum verständlich machen, aber mit deiner persönlichen Note?

Genau, der grundsätzliche Gedanke des Komponisten muss stimmen und Barockmusik muss natürlich wie im Barock gespielt werden. Man muss als Künstler die Stile kennen. Das ist der Unterschied auch zwischen gutem und schlechtem Musiker. Man muss aber auch was Eigenes dazugeben. Man muss aber vielleicht an der Farbe und an der Phrasierung etwas Anderes, Eigenes dazu fügen.

Komponisten haben doch die Harmonie  angestrebt und nicht das Chaos. Wie stehst du zur Contemporary Music?

Ich versuche zu verstehen, was der Komponist ausdrücken wollte, um dann das Beste herauszuholen.

Heute sind Kompositionen oft mathematisch geworden, weil die Komponisten im 20. Jahrhundert einen neuen Stil entdecken wollten. Ich kann aber nicht sagen, dass es in zeitgenössischer Musik keine guten Stücke gibt. Man muss daher das Beste aus dem Stück herausholen.

In der Schule wurde diese zeitgenössische Musik nicht so gepflegt, obwohl ich dort auch Webern gespielt habe. Hier wird jetzt in der Ausbildung schon großer Wert darauf gelegt.

Jedes Konzert ist doch anders, da ja auch das Publikum wechselt. Gibt es auch Aufführungen, bei denen vom Publikum nichts zurückkommt?

Ja leider, das kommt manchmal vor.

Bist du eher der solistische Typ oder fühlst du dich im Orchester sehr wohl und geborgen?

Beides, aber ich spiele auch sehr gerne Kammermusik. Das sind Tätigkeiten, die ich schon immer gleichzeitig gemacht habe. Das muss man schon in jungen Jahren so lernen.

Für mich ist die Kammermusik wie ein kleines Orchester. Es ist sehr spannend, solistisch, im Orchester oder kammermusikalisch aufzutreten.

Im Orchester geht es um das perfekte Zusammenspiel, wenn ich solistisch auftrete, dann bin ich eben Solistin und spiele die Hauptrolle und ich mag das.

Ein Orchester gibt unheimlich viel Kraft. Wenn z.B. der Höhepunkt einer Symphonie kommt, das ist richtig geil, wenn die ganze Kraft gebündelt wird. Das ist ein unglaubliches Gefühl.

Ich hatte schon in Serbien eine Ausbildung als Solistin, aber auch eine Ausbildung um in einem Orchester das Beste zu geben.

Ich kann mich in unterschiedliche Rollen versetzen.

Hast Du ein Orchester, in dem du am liebsten spielen würdest?

Nein, das kann ich nicht sagen, denn ich gebe in jedem Orchester mein Bestes. Alle Orchester sind unterschiedlich. Wenn man sich als Teil des Teams fühlt, dann ist es das richtige Orchester für mich.

Dein Mann ist ja auch Musiker. Wie funktioniert das mit sehen und treffen?

Schwierig, denn er hat seinen und ich meinen Dienstplan. Dieser ist sehr dicht, wenn man im Orchester spielt und daneben spielen wir ja auch noch solistisch oder Kammermusik.

Die Künstler sind ja immer auf der Suche nach Engagements. Reizt dich das, immer unterwegs zu sein oder hättest du manchmal auch gerne ruhigere Zeiten?

Bis jetzt war ich Einzelkämpfer, aber ich hätte natürlich gerne wie z.B. derzeit eine fixe Anstellung und daneben könnte ich auch andere Projekte haben.

Du lebst mit deinem Mann in Wien. Ist das für die nächste Zeit auch euer Lebensmittelpunkt?

Ja, es ist immer ein Traum gewesen, hier zu leben, aber wenn ich woanders ein tolles Engagement bekäme, würde ich dieses annehmen.

Wie ist der Stellenwert der Musik in Serbien?

Nicht wie in Wien, aber es ist besser geworden und es kommen immer wieder sehr gute Konzerte. Es treten auch gute Künstler auf. Es ist alles offen.

Wo verbringst du gerne deine Freizeit?

In der Natur.

Hast du da spezielle Orte?

An der Donau. Ich liebe das Wasser. Ich bin ja an der Donau aufgewachsen.

Hast du spezielle, erfüllbare Wünsche ?

Nein, man muss aus jeder Gelegenheit das Beste machen und schauen, wohin der Weg führt.

Dein Lieblingsessen?

Eine gemeine Frage, das ist noch schlimmer als die Frage nach dem Lieblingskomponisten (lacht).

Palatschinken, ich koche auch gerne.

Siehst du etwas im Fernsehen besonders gerne?

Nein, ich sehe nicht viel fern.

Hast du ein Lieblingsbuch?

Ich habe ein Buch zweimal gelesen und das war ein Buch über Mendelssohn.

Ein Lieblingszitat oder ein Lebensmotto?

Sie müssen nicht der Beste sein, aber tun sie das Beste was sie können. Holen sie das Beste aus sich und dem Leben heraus.

Danke dir vielmals.

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